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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.12.2004
Aktenzeichen: 1 L 131/03
Rechtsgebiete: LSA


Vorschriften:

LSA § 6c II
Als Ferienwohnung genutzte Flächen eines Gebäudes dienen nicht Wohnzwecken i. S. d. § 6 c Abs. 2 KAG LSA, weil das Wohnen, anders als bei der nur vorübergehenden Nutzung einer Unterkunft als Schlaf- oder Heimstatt für den Urlaub, von einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit geprägt ist.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 1 L 131/03

Datum: 20.12.2004

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1) Die von den Klägern gegen das erstinstanzliche Urteil erhobenen Einwände geben keinen Anlass, an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu zweifeln (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Entgegen der Auffassung der Kläger scheidet hier die Anwendung der Billigkeitsregelung aus, wonach bei übergroßen Wohngrundstücken nur begrenzt veranlagt wird (§ 12 Abs. 1 Satz 4 BS). Denn das streitbefangene Grundstück dient entgegen der Auffassung der Kläger nicht überwiegend Wohnzwecken. Ob eine Wohnnutzung überwiegt, ist nach einer qualifizierenden Betrachtungsweise zu bewerten. Ein erster gewichtiger Anhaltspunkt für diese Qualifizierung ist das Verhältnis der zu Wohnzwecken genutzten Flächenanteile zu der im Gebäude im Übrigen ausgeübten Nutzung. Bleibt die Wohnnutzung - wie hier - bereits nach Flächenanteilen hinter der sonstigen Nutzung zurück, so kommt ein Überwiegen der Wohnnutzung nicht in Betracht. Zu Wohnzwecken genutzt werden nach den mit der Begründung des Zulassungsantrages vorgebrachten Einwänden der Kläger nur ca. 15 v. H. der Gesamtfläche. Weitere 25 v. H. stehen leer, ohne dass die Kläger aufzeigen, dass diese Flächen in absehbarer Zeit durch eine Vermietung Wohnzwecken zugeführt werden. Soweit die Kläger geltend machen, sie würden 60 v. H. der Fläche für sich als Ferienwohnung nutzen, stellt dies keine Wohnnutzung i. S. d. §§ 12 Abs. 1 BS, 6 c Abs. 2 KAG LSA dar. Mit "Wohnen" ist nach dem sprachgebräuchlichen Verständnis der Inbegriff des häuslichen Lebens umschrieben, der die unterschiedlichen, gegenüber anderen Lebensbereichen abgrenzbaren Wohnbedürfnisse und üblichen Wohngewohnheiten umfasst. Dabei ist Wohnen - anders als bei einer nur vorübergehenden Nutzung als Schlaf- und Heimstatt für einen Urlaub - geprägt von einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit (vgl. OVG LSA, Urt. v. 06.05.203 - 1 L 498/02 -). Einer solchen auf Dauer angelegten Häuslichkeit fehlt es bei der Nutzung als Ferienwohnung, die wenngleich möglicherweise in mehr oder minder regelmäßigen Abständen wiederkehrend, so doch von vornherein ihrer Bestimmung gemäß nur für einen begrenzten Zeitraum ausgeübt wird.

2) Die behaupteten Verfahrensmängel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegen nicht vor.

a) Die Rüge der Kläger, das rechtliche Gehör sei verletzt, ist unbegründet. Das Gericht hat dem Beklagten mit Schreiben vom 09. August 2002 aufgegeben, mitzuteilen, ob es sich bei dem Grundstück um ein Wohngrundstück i. S. d. § 6 c Abs. 2 KAG LSA handelt. Davon und von dem Antwortschreiben des Beklagten vom 23. August 2002 haben die Kläger eine Abschrift erhalten, so dass sie wissen mussten, dass es auf diese Frage ankommen kann. Da sie darauf in angemessener Frist nicht reagiert haben, durfte es die Kläger bei gewissenhafter Prozessführung nicht überraschen, dass das Verwaltungsgericht die Klage abweist.

b) Der gerügte Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor. Das Gericht hatte zu weiteren Ermittlungen keinen Anlass, weil der Beklagte in dem den Klägern bekannten Schriftsatz vom 23. August 2002 geltend gemacht hatte, das Grundstück werde überwiegend gewerblich genutzt, ohne dass die Kläger dagegen Einwände erhoben hätten.

c) Ohne Erfolg bleibt der Einwand, das Urteil verstoße gegen § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO. Danach ist eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate vergangen sind. Diese Bestimmung ist im Verwaltungsprozess nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar. Nach § 173 Satz 1 VwGO finden die Regelungen der Zivilprozessordnung entsprechende Anwendung nur, soweit die Verwaltungsgerichtsordnung keine Bestimmungen enthält. Die Befugnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist indes in § 101 Abs. 2 VwGO eigens geregelt, so dass ein Rückgriff auf die Regelungen in der Zivilprozessordnung weder notwendig noch statthaft ist (vgl. BVerwG, BayVBl. 1980, 345 <346>).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes, den der Senat nach der Differenz zwischen dem festgesetzten Beitrag und dem nach § 12 Abs. 1 Satz 4 BS zulässigen Beitrag bemessen hat, folgt aus den §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 1 GKG a. F. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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